Wettbewerbsverbot

Wettbewerbsverbot im Arbeitsrecht: Schutz vor unerwünschter Konkurrenz

Wettbewerbsverbot ist ein zentrales Thema im Arbeitsrecht und betrifft sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber. Wann darf ein Arbeitnehmer während oder nach dem Arbeitsverhältnis einer konkurrierenden Tätigkeit nachgehen? Welche gesetzlichen Regelungen gelten, und welche Konsequenzen drohen bei Verstößen?

Dieser Artikel liefert eine umfassende Erläuterung der rechtlichen Grundlagen zum Wettbewerbsverbot, beleuchtet aktuelle Gerichtsurteile und bietet praxisnahe Tipps zur Rechtsdurchsetzung.

Wettbewerbsverbot während des Arbeitsverhältnisses

Gesetzliche Grundlage und Anwendbarkeit

Während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ist es Arbeitnehmern untersagt, dem eigenen Arbeitgeber Konkurrenz zu machen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus der Treuepflicht sowie aus den §§ 60, 61 HGB.

§ 60 Abs. 1 HGB besagt: „Der Handlungsgehilfe darf ohne Einwilligung des Prinzipals weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in dem Handelszweige des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen.“

§ 61 Abs. 1 HGB regelt die Folgen eines Verstoßes und bestimmt: „Verletzt der Handlungsgehilfe die ihm nach § 60 obliegende Verpflichtung, so kann der Prinzipal Schadensersatz fordern; er kann statt dessen verlangen, daß der Handlungsgehilfe die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung des Prinzipals eingegangen gelten lasse und die aus Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung herausgebe oder seinen Anspruch auf die Vergütung abtrete.“

Laut Bundesarbeitsgericht (BAG, 26.09.2007 – 10 AZR 511/06) gelten diese Vorschriften für alle Arbeitsverhältnisse.

Das bedeutet:

  • Arbeitnehmer dürfen keine selbstständige Konkurrenztätigkeit ausüben.
  • Arbeitnehmer dürfen nicht für ein konkurrierendes Unternehmen arbeiten.
  • Ein Verstoß kann Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers auslösen (Verjährung nach § 61 Abs. 2 HGB: 3 Monate).
Wettbewerbsverbot

Kündigung und Wettbewerbsverbot

Besonders heikel wird es, wenn ein Arbeitnehmer nach einer fristlosen Kündigung eine Konkurrenztätigkeit aufnimmt, die Kündigung aber später als unwirksam erklärt wird. Laut BAG (23.10.2014 – 2 AZR 644/13) bleibt das Wettbewerbsverbot in solchen Fällen grundsätzlich bestehen.

Das BAG hat hierbei folgenden Leitsatz aufgestellt:

Ein Verstoß gegen das Verbot, während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Konkurrenztätigkeiten zu entfalten, ist „an sich“ geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung iSd. § 626 Abs. 1 BGB zu bilden. Falls die Wettbewerbstätigkeit erst durch eine frühere – unwirksame – Kündigung ausgelöst worden, der Wettbewerb nicht auf eine dauerhafte Konkurrenz zum bisherigen Arbeitgeber angelegt und dem Arbeitgeber durch die Konkurrenztätigkeit nicht unmittelbar ein Schaden zugefügt worden ist, ist dies bei der erforderlichen Interessenabwägung zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.

Allerdings ist zu berücksichtigen:

  • Wurde die Wettbewerbstätigkeit erst durch eine unwirksame Kündigung ausgelöst?
  • Diente die Tätigkeit nur als Übergangslösung?

Diese Faktoren können eine Rolle spielen, wenn geprüft wird, ob eine Weiterbeschäftigung trotz Wettbewerbsverstoßes noch zumutbar ist.

Vertragsstrafen bei Wettbewerbsverstößen

Viele Arbeitsverträge enthalten Vertragsstrafenklauseln für Verstöße gegen das Wettbewerbsverbot. Allerdings sind diese nur wirksam, wenn sie:

  • eindeutig formuliert sind,
  • eine verhältnismäßige Höhe haben,
  • und die Grundsätze der AGB-Kontrolle einhalten.

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot: Was ist erlaubt?

Voraussetzungen für ein wirksames Wettbewerbsverbot

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn es die gesetzlichen Anforderungen des § 74 HGB erfüllt:

  • Schriftliche Vereinbarung erforderlich.
  • Maximaldauer von 2 Jahren zulässig.
  • Karenzentschädigung von mindestens 50 % des letzten Gehalts erforderlich.

Fehlt die Karenzentschädigung, ist das Wettbewerbsverbot nichtig (BAG, 22.03.2017 – 10 AZR 448/15).

Berechtigtes Interesse des Arbeitgebers

Ein Wettbewerbsverbot ist nur wirksam, wenn es ein berechtigtes geschäftliches Interesse des Arbeitgebers schützt. Dazu gehören: ✅ Schutz vor Abwanderung von Betriebsgeheimnissen ✅ Verhinderung des Abwerbens von Kunden oder Geschäftspartnern

Unwirksam sind Wettbewerbsverbote, die nur dazu dienen, den Arbeitnehmer an einem Wechsel zu hindern (BAG, 21.04.2010 – 10 AZR 288/09).

Rechtsfolgen eines zu weit gefassten Wettbewerbsverbots

Ist ein Wettbewerbsverbot zu weit gefasst, wird es nicht automatisch unwirksam. Nach § 74 Abs. 1 HGB wird es auf das zulässige Maß reduziert (LAG Rheinland-Pfalz, 03.08.2012 – 9 SaGa 6/12).

Das LAG Rheinland-Pfalz hat hierbei nachfolgenden amtlichen Leitsatz aufgestellt:

Ein formularmäßig vereinbartes Wettbewerbsverbot unterliegt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses neben der Inhaltskontrolle nach § 74 a Abs. 1 HGB nicht noch zusätzlich einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB

🔹 Beispiel: Ein Wettbewerbsverbot wird für 3 Jahre vereinbart → nach 2 Jahren endet es automatisch.

Aufhebung des Wettbewerbsverbots

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot kann jederzeit einvernehmlich aufgehoben werden. Der Arbeitgeber kann vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch einseitig darauf verzichten. In diesem Fall muss er jedoch die Karenzentschädigung noch grundsätzlich 1 Jahr lang weiterzahlen.

Fazit: Was Arbeitnehmer und Arbeitgeber beachten sollten

🔹 Arbeitnehmer sollten genau prüfen, ob und wie lange sie an ein Wettbewerbsverbot gebunden sind. Eine unzulässige Klausel kann unwirksam sein. 🔹 Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass Wettbewerbsverbote rechtssicher formuliert sind und ein berechtigtes Interesse schützen.

Wer unsicher ist, ob ein Wettbewerbsverbot durchsetzbar ist, sollte fachkundige Beratung in Anspruch nehmen, um rechtliche Nachteile zu vermeiden.