Annahmeverzug – Rechte des Arbeitnehmers bei Nichtbeschäftigung

Der Annahmeverzug des Arbeitgebers tritt ein, wenn dieser die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht annimmt, obwohl der Arbeitnehmer diese ordnungsgemäß anbietet. Was bedeutet das rechtlich? Wie sind die Rechte des Arbeitnehmers geschützt? Und welche Besonderheiten gelten nach einer unwirksamen Kündigung? Dieser Rechtstipp beleuchtet alle wichtigen Aspekte, relevante Gesetzesvorschriften und aktuelle Rechtsprechung.


Was ist Annahmeverzug?

Nach § 615 BGB hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Vergütung, wenn der Arbeitgeber seine Arbeitsleistung nicht annimmt. Dabei ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet, die nicht geleistete Arbeit nachzuholen. Der Annahmeverzug schützt den Arbeitnehmer vor finanziellen Einbußen, wenn der Arbeitgeber seinen Beschäftigungsanspruch missachtet.

Der Grundsatz: „Ohne Arbeit kein Lohn“ gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsleistung nicht annimmt, obwohl sie ihm durch den Arbeitnehmer angeboten wurde.


Voraussetzungen für den Annahmeverzug

Damit der Annahmeverzug eintritt, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Ordnungsgemäßes Angebot der Arbeitsleistung
    • Der Arbeitnehmer muss die Arbeitsleistung tatsächlich anbieten (§ 294 BGB).
    • Ein wörtliches Angebot genügt, wenn der Arbeitgeber erklärt, die Leistung nicht annehmen zu wollen (§ 295 BGB).
  2. Kein Ausschlussgrund nach § 297 BGB
    Der Arbeitgeber gerät nicht in Verzug, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die Arbeitsleistung zu erbringen, z. B. bei gesundheitlicher oder rechtlicher Unmöglichkeit.

Rechtsprechung: Ein tatsächliches Angebot der Arbeitsleistung ist nicht erforderlich, wenn der Arbeitgeber offenkundig auf seiner Weigerung beharrt.


Annahmeverzug nach einer unwirksamen Kündigung

Nach einer unwirksamen Kündigung tritt der Annahmeverzug automatisch ein, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen der Kündigungsschutzklage erklärt, weiterhin arbeiten zu wollen.

Wichtig: Der Annahmeverzug endet erst, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Arbeitsaufnahme auffordert. Die Beendigung des Kündigungsrechtsstreits allein genügt hierfür nicht.

Praxisbeispiel:
Ein Arbeitnehmer reicht nach einer Kündigung eine Klage ein. Der Arbeitgeber muss nicht nur das Gehalt nachzahlen, sondern auch die versäumte Arbeitsaufforderung nachholen, um den Annahmeverzug zu beenden.


Ausschluss des Annahmeverzugs

Der Arbeitgeber kann sich auf § 297 BGB berufen, wenn der Arbeitnehmer nicht in der Lage ist, die vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen.
Beispiele:

  • Fehlen einer erforderlichen Arbeitserlaubnis.
  • Gesundheitsprobleme, die die Tätigkeit unmöglich machen.

Rechtsprechung: Der Arbeitgeber trägt die Beweislast für die Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers.


Anrechnung eines anderweitigen Verdienstes

Nach § 615 Satz 2 BGB wird auf den Vergütungsanspruch wegen Annahmeverzugs angerechnet, was der Arbeitnehmer durch eine anderweitige Beschäftigung verdient hat.

Berechnungsgrundlage:

„Nach § 615 Satz 2 BGB ist Zwischenverdienst auf den Vergütungsanspruch wegen Annahmeverzugs in dem Umfang anzurechnen, wie er dem Verhältnis der beim Arbeitgeber ausgefallenen Arbeitszeit zu der im neuen Dienstverhältnis geleisteten entspricht“ .(BAG 24.02.2016 – 5 AZR 425/15).

Pflichten des Arbeitnehmers:

Der Arbeitnehmer muss über Vermittlungsvorschläge der Arbeitsagentur Auskunft geben, sofern der Arbeitgeber dies fordert. Dies ergibt sich aus der Nebenpflicht des Arbeitsverhältnisses.


Fazit: Rechte des Arbeitnehmers bei Annahmeverzug stärken

Der Annahmeverzug schützt Arbeitnehmer vor finanziellen Verlusten, wenn der Arbeitgeber seine Verpflichtungen nicht erfüllt. Insbesondere nach einer unwirksamen Kündigung ist es wichtig, die Rechte zu kennen und rechtzeitig zu handeln. Arbeitgeber sollten beachten, dass der Annahmeverzug nur durch eine konkrete Arbeitsaufforderung beendet werden kann. Arbeitnehmer sollten sich bei Unsicherheiten rechtlich beraten lassen, um ihre Ansprüche geltend zu machen.