Geheimnisschutz im Arbeitsverhältnis: Was Arbeitnehmer und Arbeitgeber wissen müssen

Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen ist für Unternehmen essenziell, doch wie weit reicht die Geheimhaltungspflicht von Arbeitnehmern? Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 17.10.2024 – 8 AZR 172/23) hat klargestellt, dass allgemeine Stillschweigeklauseln nicht unbegrenzt gültig sind. Welche rechtlichen Vorgaben gelten und wann Arbeitnehmer Geschäftsgeheimnisse wahren müssen, erfahren Sie hier.


Gesetzlicher Schutz von Geschäftsgeheimnissen

Das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) regelt, wann Informationen als Geschäftsgeheimnisse gelten und wie sie geschützt werden. Nach § 2 Nr. 1 GeschGehG sind Geschäftsgeheimnisse nur dann geschützt, wenn:
✔ Sie nicht allgemein bekannt oder leicht zugänglich sind,
✔ Sie einen wirtschaftlichen Wert haben,
✔ Angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen getroffen wurden.

Unternehmen müssen also nachweisen, dass sie technische, organisatorische oder vertragliche Schutzmaßnahmen getroffen haben.


Nachvertragliche Geheimhaltung: Grenzen für Arbeitgeber

Viele Arbeitsverträge enthalten pauschale Geheimhaltungsverpflichtungen, die Arbeitnehmer auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses binden sollen. Doch das BAG entschied, dass sogenannte „Catch-all-Klauseln“, die Arbeitnehmer uneingeschränkt zur Verschwiegenheit verpflichten, unwirksam sind.

  • Eine unbefristete Geheimhaltungspflicht benachteiligt Arbeitnehmer unangemessen (§ 307 Abs. 1 BGB).
  • Arbeitgeber müssen konkret definieren, welche Informationen geschützt werden sollen.
  • Ohne klare Vereinbarung kann ein Arbeitnehmer sein berufliches Erfahrungswissen weiter nutzen.

Praxisbeispiel:
Ein Ingenieur wechselt von Unternehmen A zu Unternehmen B. Er darf zwar keine vertraulichen Kundendaten oder Konstruktionspläne weitergeben, aber sein Wissen über allgemeine Produktionsprozesse kann er weiterhin nutzen.


Wann besteht ein Unterlassungsanspruch gegen Arbeitnehmer?

Das BAG stellte klar, dass ein Unternehmen einen Unterlassungsanspruch gegen einen ehemaligen Mitarbeiter nur dann geltend machen kann, wenn:
✔ Die weitergegebenen Informationen unter den Schutz des § 6 GeschGehG fallen,
✔ Ein Wiederholungsrisiko besteht,
✔ Das Unternehmen konkrete Geheimhaltungsmaßnahmen nachweisen kann.

Das bedeutet: Hat ein Unternehmen versäumt, Sicherheitsmaßnahmen oder konkrete Geheimhaltungsverpflichtungen zu implementieren, besteht kein Anspruch auf Unterlassung.


Wichtige Tipps für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Arbeitgeber:

  • Klare Geheimhaltungsvereinbarungen im Arbeitsvertrag definieren.
  • Geheimnisschutzmaßnahmen dokumentieren und umsetzen.
  • Nachvertragliche Klauseln zeitlich und inhaltlich begrenzen.

Arbeitnehmer:

  • Keine sensiblen Unternehmensdaten an Dritte weitergeben.
  • Wissen aus dem Gedächtnis nutzen, keine Dokumente speichern oder mitnehmen.
  • Sich über die zulässige Nutzung von Erfahrungswissen informieren.

Fazit: Geheimnisschutz hat klare Grenzen

Unternehmen haben das Recht, ihre Geschäftsgeheimnisse zu schützen – doch pauschale und unbegrenzte Verschwiegenheitsverpflichtungen sind nicht zulässig. Arbeitnehmer dürfen nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erworbenes Erfahrungswissen nutzen, sofern keine konkreten Geheimhaltungsmaßnahmen getroffen wurden.

Arbeitgeber sollten ihre Geheimhaltungsstrategien rechtlich prüfen, um bei Streitigkeiten abgesichert zu sein. Arbeitnehmer wiederum sollten sich über ihre Rechte informieren, um Konflikte mit ehemaligen Arbeitgebern zu vermeiden.