Eine Kündigung und eine Entfristung sind zwei Seiten derselben Medaille: Häufig treffen eine (außerordentliche oder ordentliche) Kündigung und eine zugleich vereinbarte Befristung aufeinander – mit erheblichen Konsequenzen für den Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses, die Vergütung und die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Arbeitnehmers. Dieser Rechtstipp erläutert die maßgeblichen Gesetze, ordnet die Lage ein und zeigt mandantengerecht praxisbewährte Taktiken für Klageanträge, Beweise und Vergleichsstrategien. Damit Sie als Mandant bei komplizierten Fällen den Überblick behalten, sofern Sie einen Anwalt beauftragen. Dies ist gerade bei dieser komplizierten Situation sinnvoll. Taktische Erwägungen beruhigen gerade in einer emotional aufgeladenen Situation. Natürlich hilft in diesem Fall eine Zielsetzung in Absprache mit dem Anwalt.
Kündigung und Entfristung – Ausgangslage und Ziele
Im typischen Fall bestehen drei Ziele nebeneinander:
(1) Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung,
(2) Entfristung bei einer rechtswidrigen Befristung (Fortbestand auf unbestimmte Zeit),
(3) Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung sowie Zeugnis (Zwischen- oder Endzeugnis).
Greifen Wartezeit und Schwellenwerte des KSchG, gelten zusätzlich die strengen Anforderungen an Kündigungsgründe; bei Befristungen gelten die Schranken des TzBfG.
Rechtlicher Rahmen im Überblick
Kündigung und Entfristung – Kündigungsschutz nach dem KSchG
- Wartezeit & Schwellenwert. Das KSchG greift, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat und regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden. Dann ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht personen-, verhaltens- oder betriebsbedingt begründet ist. Zudem muss gerade bei einer betriebsbedingten Kündigung eine ordnungsgemäße Sozialauswahl erfolgen.
- 3-Wochen-Frist. Gegen jede Kündigung muss binnen drei Wochen Kündigungsschutzklage erhoben werden; andernfalls gilt die Kündigung als wirksam (§ 7 KSchG). Ob Ausnahmen diesbezüglich greifen, sollte direkt mit dem Anwalt geklärt werden. Denn es gibt Ausnahmen.
Kündigung und Entfristung – Entfristungsklage nach dem TzBfG
- Sachgrundlose Befristung und Vorbeschäftigung. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG verbietet die sachgrundlose Befristung, wenn zuvor bereits ein Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bestand. „Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.„
- Eine Ausnahme kommt nur in engen Konstellationen in Betracht (z. B. lange zurückliegende, völlig anders geartete Vorbeschäftigung).
- Folge der Unwirksamkeit. Ist die Befristung unwirksam, gilt der Vertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen (§ 16 TzBfG).
- Frist zur Entfristungsklage. Die Klage muss binnen drei Wochen nach dem vereinbarten Befristungsende erhoben werden (§ 17 TzBfG) – eine Klage schon vor Ablauf der Vertragslaufzeit wahrt auch die Frist.
§ 16 Folgen unwirksamer Befristung (TzBfG)
Ist die Befristung rechtsunwirksam, so gilt der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen; er kann vom Arbeitgeber frühestens zum vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden, sofern nicht nach § 15 Absatz 4 die ordentliche Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt möglich ist. Ist die Befristung nur wegen des Mangels der Schriftform unwirksam, kann der Arbeitsvertrag auch vor dem vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden.
§ 17 Anrufung des Arbeitsgerichts (TzBfG)
Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Die §§ 5 bis 7 des Kündigungsschutzgesetzes gelten entsprechend. Wird das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, so beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung beendet sei.
Kündigung und Entfristung – Außerordentliche Kündigung (§ 626 BGB)
Eine außerordentliche, also fristlose Kündigung ist nur wirksam, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar macht. Maßgeblich ist stets eine Interessenabwägung im Einzelfall: Das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers muss das Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers deutlich überwiegen. Zugleich gilt der Grundsatz der Ultima Ratio – mildere Mittel wie Abmahnung oder ordentliche (verhaltens- oder personenbedingte) Kündigung sind vorrangig zu prüfen und auszuschöpfen. Auf Verlangen des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber die Kündigungsgründe unverzüglich schriftlich mitteilen (§ 626 Abs. 2 S. 3 BGB: „Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.“).
Als Regel ist bei steuerbarem Verhalten eine Abmahnung erforderlich, weil sie Vertragsverstöße rügt, künftige Vertragstreue einfordert und damit das mildere Mittel darstellt. Eine Abmahnung ist nur ausnahmsweise entbehrlich, etwa bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen, bei denen bereits objektiv erkennbar ist, dass selbst eine Abmahnung keine Verhaltensänderung erwarten lässt. Fehlt es an einer erforderlichen Abmahnung oder an der strengen Verhältnismäßigkeit, ist die außerordentliche Kündigung regelmäßig unwirksam. Für Arbeitnehmer bedeutet das: Im Streit um Kündigung und Entfristung lohnt die genaue Prüfung von Anlass, Dokumentation, Abmahnpraxis und Interessenabwägung – oft lassen sich so Weiterbeschäftigung, Entfristung oder zumindest bessere Vergleichsergebnisse erreichen.
Kündigung – Betriebsrat & Massenentlassungen
- Betriebsratsanhörung. Besteht ein Betriebsrat, ist er vor jeder Kündigung anzuhören; eine Kündigung ohne ordnungsgemäße Anhörung ist unwirksam (§ 102 BetrVG).
- Massenentlassungsanzeige. Bei größeren Personalabbaumaßnahmen ist § 17 KSchG zu beachten; Verfahrensfehler in Anzeige oder Konsultation führen zur Nichtigkeit der Kündigung (§ 134 BGB). Zugleich ist anerkannt, dass die Kündigung unmittelbar nach Eingang der Anzeige zulässig sein kann.
Gründe der Befristung nach § 14 I TzBfG bei Vorliegen eines Sachgrundes:
§ 14 Zulässigkeit der Befristung TzBfG
(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn
1. der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.
Kündigung und Entfristung – Taktische Hinweise für die Klage
Anträge strukturiert kombinieren
Die Kombination aus Kündigungsschutzantrag (§ 4 KSchG), allgemeiner Feststellungsklage (§ 256 ZPO) gegen weitere Beendigungstatbestände und Entfristungsantrag (§§ 14, 16, 17 TzBfG) ist taktisch sinnvoll. Der allgemeine Feststellungsantrag fängt u. U. Folgekündigungen ein, ohne dass jeweils neue Dreiwochenfristen versäumt werden.
Beweismittel & Darlegungslast
Beweismittel und Darlegungslast entscheiden oft über den Prozesserfolg. Für die Befristung sollten Arbeitnehmer und Arbeitgeber sämtliche Arbeitsverträge, Verlängerungsvereinbarungen und Vorbeschäftigungen lückenlos dokumentieren – auch kurzzeitige oder jüngst beendete Tätigkeiten können entscheidend sein. Unverzichtbar ist zudem die Schriftform der Befristungsabrede; fehlt sie, gilt der Vertrag regelmäßig als unbefristet (§ 14 Abs. 4 TzBfG).
Bei der außerordentlichen Kündigung gehört es zur Darlegungslast des Arbeitgebers, einen wichtigen Grund, die Interessenabwägung sowie die Prüfung milderer Mittel nachvollziehbar darzutun. Besonders ins Gewicht fällt das Fehlen einer Abmahnung, wenn steuerbares Verhalten behauptet wird. Zusätzlich sollte der Arbeitnehmer auf die schriftliche Mitteilung der Kündigungsgründe bestehen; sie ist auf Verlangen unverzüglich zu erteilen (§ 626 Abs. 2 S. 3 BGB). Werden diese Punkte nicht tragfähig belegt, steigt die Chance, die fristlose Kündigung zu Fall zu bringen.
Besteht ein Betriebsrat, ist bei einer Kündigung stets die ordnungsgemäße Anhörung zu prüfen. Hierzu sollten das Anhörungsschreiben und etwaige Stellungnahmen systematisch beigezogen werden, hierbei wird der Arbeitgeber dieses Vorlegen müssen, sofern der Anwalt des Arbeitnehmers dies ordnungsgemäß rügt; Form- oder Informationsmängel können zur Unwirksamkeit der Kündigung führen (§ 102 BetrVG). Kommt es zu größeren Personalabbaumaßnahmen, sind außerdem die Unterlagen zur Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit zu sichern und zu prüfen (§ 17 KSchG). Verfahrensfehler – etwa bei Anzeige, Konsultation oder Inhalt – sollten substantiiert gerügt werden, da sie die Wirksamkeit der Kündigungen gefährden können.
Gütetermin & Vergleichsstrategien
Im Gütetermin sollte der Arbeitnehmer klar und protokollfest erklären, dass er weiterarbeiten will und seine Arbeitsleistung ausdrücklich anbietet. Das stärkt die Verhandlungsposition im Verfahren und sichert Ansprüche auf Vergütung bei Annahmeverzug. Bewährt hat sich eine kurze Erklärung gegenüber Gericht und Arbeitgeber wie: „Ich biete meine Arbeitsleistung zu den bisherigen Bedingungen uneingeschränkt an und wünsche die tatsächliche Weiterbeschäftigung.“ Es geht hier auch darum zu signalisieren, dass der Arbeitgeber den gekündigten Arbeitnehmer nicht ohne eine merkliche Abfindung „los“ wird.

Parallel sollte der Arbeitnehmer frühzeitig ein Zwischenzeugnis verlangen, um sich während des laufenden Verfahrens bewerben zu können. Ein berechtigtes Interesse liegt regelmäßig vor; daher empfiehlt sich der Antrag auf zeitnahe Erteilung (z. B. innerhalb von 7–10 Tagen), strukturiert nach Leistung, Verhalten und Funktion, mit konsistenter Gesamtnote und branchenüblichen Formulierungen. Für das spätere Endzeugnis ist zu vereinbaren, dass es inhaltlich nicht ohne neue, gravierende Tatsachen vom Zwischenzeugnis abweicht. In Vergleichen zu Kündigung und Entfristung sollten außerdem die Unterschriftsberechtigung, eine feste Ausstellungsfrist sowie – falls gewünscht – eine Wohlwollensformel geregelt werden. So bleibt der Arbeitnehmer arbeitsmarktfit, vermeidet Nachbesserungsstreitigkeiten und hält zugleich den Druck auf eine einvernehmliche Gesamtlösung hoch.
Kündigung und Entfristung – Fristen, Anträge, Taktik
Ein Vorgehen gegen eine Kündigung und Entfristung verlangt ein strikt organisiertes Fristen- und Antragsmanagement, das die Wechselwirkungen zwischen KSchG und TzBfG konsequent nutzt. Zwingend ist die 3-Wochen-Frist der Kündigungsschutzklage (§ 4, § 7 KSchG) sowie – gesondert – die 3-Wochen-Frist der Entfristungsklage ab dem vereinbarten Befristungsende (§ 17 TzBfG). Beide Verfahren können und sollten taktisch parallel geführt werden; eine Entfristungsklage kann – zur Fristwahrung – auch vor Laufzeitende erhoben werden. Inhaltlich gehört in die Klageschrift regelmäßig die Kombination aus Kündigungsschutzantrag, Entfristungsantrag, allgemeiner Feststellungsklage nach § 256 ZPO (gegen weitere, noch unbekannte Beendigungstatbestände), Weiterbeschäftigungsantrag bis zur Rechtskraft sowie Zeugnisanträgen (Zwischen- und Endzeugnis).
Auf der Befristungsseite sind die Stellschrauben klar: Vorbeschäftigungen sorgfältig darlegen (sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG gesperrt), Sachgründe nach § 14 Abs. 1 TzBfG kritisch hinterfragen (Prognose, Dauer, Zweckkette), Schriftform beachten (§ 14 Abs. 4 TzBfG) und als Rechtsfolge der Unwirksamkeit den Fortbestand auf unbestimmte Zeit geltend machen (§ 16 TzBfG). Je präziser hier die Dokumentation (Arbeitsverträge, Verlängerungen, Tätigkeitswechsel), desto größer die Angriffsschärfe.
Auf der Kündigungsseite greift – soweit das KSchG anwendbar ist – die Sozialrechtfertigung (§ 1 KSchG): Der Arbeitgeber muss tragfähig darlegen, warum personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe vorliegen. Praxisrelevant ist die Abmahnungsbedürftigkeit bei steuerbarem Verhalten (Ultima-Ratio-Prinzip); fehlt eine einschlägige Abmahnung, scheitern viele Kündigungen bereits an der Verhältnismäßigkeit. Bei außerordentlichen Kündigungen ist darüber hinaus die Interessenabwägung zentral; der Arbeitnehmer sollte die schriftliche Mitteilung der Kündigungsgründe auf Verlangen einfordern (§ 626 BGB). Parallel sind formelle Angriffsflächen zu nutzen: Betriebsratsanhörung zwingend prüfen (§ 102 BetrVG) und bei größeren Personalabbaumaßnahmen die Massenentlassungsanzeige samt Konsultationsverfahren kontrollieren (§ 17 KSchG). Verfahrensfehler eröffnen eigenständige Unwirksamkeits- bzw. Nichtigkeitsargumente.
Taktisch wichtig ist ein klarer Beschäftigungswille des Mandanten: Die Arbeitsleistung sollte ausdrücklich angeboten und tatsächliche Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung beantragt werden. Das schafft Einkommenssicherheit (Annahmeverzug) und erhöht den Vergleichsdruck. Flankierend ist früh ein Zwischenzeugnis zu verlangen, um laufende Bewerbungen zu ermöglichen; für das Endzeugnis empfiehlt sich die Vereinbarung, dass wesentliche Abweichungen ohne neue Tatsachen unterbleiben. In Vergleichsverhandlungen lassen sich – je nach Prozesslage – unterschiedliche Ziele priorisieren: eine angemessene Abfindung, ein hochwertiges, wohlwollendes Zeugnis oder die Weiterbeschäftigung in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis (ggf. mit Anpassungen bei Funktion, Vergütung oder Arbeitsort). Alternativ kommen bezahlte Freistellung, Freistellungsmodalitäten (Urlaub/Überstunden), Zahlungspläne für rückständige Entgeltansprüche sowie Vertraulichkeits- und Auskunftsklauseln in Betracht.
Kurzum: Wer bei Kündigung und Entfristung Vorbeschäftigungen und Befristungsgründe sauber angreift, die Abmahnungsbedürftigkeit betont, Betriebsrats- und Anzeigeverfahren akribisch prüft und den allgemeinen Feststellungsantrag klug einsetzt, maximiert die prozessuale Schlagkraft – und verbessert zugleich die Verhandlungsposition für einen Vergleich, der entweder eine starke Abfindung, ein bestmögliches Zeugnis oder die gesicherte Weiterbeschäftigung im unbefristeten Arbeitsverhältnis liefert.